Neue Medien – Alte Generationen - Praxiskiste
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Neue Medien – Alte Generationen

»Irgendwas mit Medien« studieren heute viele. Damit verbunden werden oft spätere Berufe in Journalismus, Marketing oder Design. Sultana studiert Kultur- und Medienbildung und absolviert dabei gerade ein Praktikum an einem ungewöhnlicherem Ort – einem Generationenhaus. Im Gespräch mit Alex Filimonova erzählt sie von ihren Erfahrungen und davon, wie sie im Studium gelerntes einbringen kann.

 

Praxiskiste: Sultana, erzähl doch mal bitte kurz, was genau es mit deinem Studiengang auf sich hat, um uns eine kurze Vorstellungsmöglichkeit zu geben…

Sultana: Kultur- und Medienbildung hat zum einen einen pädagogischen Hintergrund und ist zum anderen an verschiende kulturelle und medientheoretische Inhalte angelehnt. Es geht hierbei viel um die Grundlagen der Didaktik und Bildungstheorie sowie die pädagogische Ansätze. Außerdem werden aber auch diverse Kommunikations- und Rezeptionskonzepte herangetragen. Dies wird dann mit Aspekten aus der Medien- und Kulturwissenschaft verknüpft. Ferner gibt es aber auch interkulturelle Ansätze im Zusammenhang mit Migration, Gender oder sozialen Ungerechtigkeiten. Es ist also wirklich interessant, da verschiedene Aspekte in einander greifen.

Das klingt wirklich sehr spannend! Wie so oft bei den Geisteswissenschaften, muss man sich dann beispielsweise durch Praktika sein berufliches Profil ebnen. Du hast dich für ein Praxissemster in einem Generationenhaus entschieden, wie kann man sich das vorstellen?

Ein Generationenhaus ist die Fusion zwischen einem Seniorenzentrum und einer Kindertagestätte. Daüberhinaus werden diverse Angebote aber auch für alle Interessenten gestellt – also Besucher, Angehörige, Anwohner oder Neugieriege. So wird sichergestellt, dass verschiedene Generationen ein buntes Miteinander bilden und voneinander lernen und sich austauschen. Ich finde das ist eine tolle Lebensform, die verschiedene Kulturen, Alters- und Interessensgruppen vereint, die so vielleicht nie zusammengefunden hätten. Die kleinen Kinder profitieren von der Erfahrung der Älteren und umgekehrt werden die Senioren mit viel Lebensfreude und Energie angesteckt. Dazwischen gibt es Kurse und Veranstaltungen, die die Menschen zusammen wachsen lassen.

Du leitest und betreust einige Angebote. Welche sind das?

Das variiert je nach Interesse und Teilnehmerzahl. Wir haben zum Beispiel ein mal die Woche einen Filmabend – ich schaue zusammen mit den Senioren einen bestimmten Film an und anschließend findet eine Diskussionsrunde statt. Hierbei wird sich über verschiedene Interpretations- und Meinungsansätze ausgetauscht. Das gleiche mache ich auch mit Büchern, die ich den Menschen vorlese. Die Senioren haben so die Möglichkeit miteinander in einen Dialog zu treten und so auch kommunikative, didaktische aber auch gedankliche Fähigkeiten beizubehalten und auszubauen. Die Vermittlung über Medien ist hierbei ein wichtiger Bestandteil, da sie von allen gleichsam und gleichzeitig aufgenommen wird.

Und wie versuchst du das gelernte aus deinem Studium in der Praxis unterzubringen?

Meist versuche ich verschiedene pädagogische Ansätze auszuprobieren, um zu sehen welche effektiv wirken und welche nur in der Theorie für mich funktionieren. Hierbei ist es wirklich witzig, da meist die pädagogischen Grundsätze am besten funktionieren, von denen man es nicht glaubt. Außerdem lege ich, wie schon erwähnt, viel Wert darauf verschiedene Medien einzusetzen, um eine Diversität und Abwechslung in den Alltag zu bringen. Dies können beispielsweise nicht nur herkömmliche Medien, wie TV, Beamer, Radio sein, sondern auch mal ein Tablet oder Smartphone, mit dem die Menschen verschiedene Aufgaben lösen oder Sachen rezipieren sollen.

Wie reagieren die Senioren darauf, wenn du mit dem neumodischen Kram kommst – also neuen Medien?

Erstaunlicherweise kennen sich die meisten schon ziemlich gut damit aus. Um mit ihren Kindern und Angehörigen in Kontakt zu bleiben, haben viele sogar ein Smartphone und sind daher schon ziemlich geübt. Natürlich gibt es ein paar, die sich damit nicht auseinandersetzen wollen und sich deswegen ausklinken, aber das ist auch okay. Alles kann – nichts muss. Die meisten freuen sich aber darüber etwas neues zu sehen und lernen zu können und auch, dass ich ihnen nebenher Sachen zeigen kann, die sie bisher nicht verstanden habe wie z.B Video Calls. Insgesamt lernen die Senioren aber wirklich schnell und sind sehr begabt.

Welche Schwierigkeiten und Herausforderungen hast du feststellen müssen?

Am schwierigsten ist es, wie auch bei Kindern, auf jeden einzeln eingehen zu wollen – es aber manchmal nicht zu können. Die Senioren haben ihre eigenen, verschiedenen Bedürfnisse und Handicaps. Außerdem darf man nicht vergessen, dass nur noch eine begrenzte Kapazität für die Aufnahme von neu Erlerntem da ist. Manchmal vergesse ich das einfach und muss mich zwischendrin kurz stoppen. Im Gegensatz zur Schule zielen meine Stunden und Projekte aber nicht auf Leistung ab, sodass der Druck wegfällt, was für mich sehr angenehm ist – es erfolgt alles freiwillig und aus echtem Interesse.

Du bist jetzt schon vier Monate da, weitere zwei folgen noch. Was hast du bisher mitnehmen können?

Für mich ist das wertvollste, das ich mitgenommen habe, die einzigartigen Menschen und deren Lebensgeschichten. Es ist wirklich jeden Tag interessant, weil die Leute schon vieles hinter sich haben, was auf mich noch zu kommt und dies auch gerne erzählen. Außerdem finde ich das Modell Kinder und Senioren in einem Haus zu vereinen wirklich toll. Das wäre auch etwas, was ich mir im Alter gegebenenfalls vorstellen könnte. Vor allem weil wirklich viel Wert auf Abwechslung und moderne Technologien gelegt wird, sodass man so jung bleiben muss.

Könntest du dir auch vorstellen dein Praktikum zum Job zu machen?

Es macht auf jeden Fall wirklich Spaß immer Menschen um sich herum zu haben und auch zu sehen wie junge und ältere Generationen zusammen interagieren und auf verschiedene Bildungsangebote reagieren. Außerdem lernt man immer neue Leute kennen, sei es die Angehörigen oder aber Anwohner und neugierige Besucher, die sich mal umschauen wollen. Nichtsdestotrotz bin ich noch am überlegen ob ich nicht lieber in die Medienrichtung vertiefen möchte. Darüber mache ich mir aber Gedanken, wenn es soweit ist.

Was kannst du unseren Lesern zum Abschluss mit auf den Weg geben?

Dass man auch sehr gut unkonventionelle Wege gehen kann und dort sehr viel lehrreiches und spannendes wartet. Als ich mein Praxissemester begonnen habe, hätte ich nicht gedacht, so viel Freude daran zu finden. Man sollte einfach keine Angst haben in eine Richtung einzuschlagen, die sonst im Jahrgang niemand geht.

Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview. Ich wünsche dir viel Erfolg für die Zukunft!

 

Zur Person
Sultana ist 24 und studiert Kultur- und Medienbildung an der PH Ludwigsburg. Derzeit befindet sie sich in ihrem Praxissemester, das sie in einem Generationenhaus absolviert. Das Generationenhaus bietet viele Möglichkeiten für Kontakt und Begegnung zwischen den Generationen. Hier betreut sie regelmäßige Angebote aus den Bereichen Bildung, Kultur und Medien.

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