Von der Couch hinter die Kamera - Praxiskiste
1245
post-template-default,single,single-post,postid-1245,single-format-standard,ajax_fade,page_not_loaded,,select-theme-ver-3.2,menu-animation-line-through,wpb-js-composer js-comp-ver-4.12,vc_responsive

Von der Couch hinter die Kamera

Klatsch, Tratsch und Unterhaltung – auch im Boulevard-Journalismus will das Handwerk gelernt sein. Nanina Ollig berichtet über das Volontariat beim Livestyle-Magazin Taff.

 

»Absolute Ruhe am Set! Und Action!« Ganz still verharrt Sina* in ihrer Position. Eine Frau steht auf und setzt sich zu einem Mann an den Tisch. Sie reden. »Abgebrochen, Flugzeug«, ruft der Regisseur, der Tonmeister hat ihm ein Zeichen gegeben. »Wir machen gleich noch eine.« Alle schauen zum Himmel, warten bis das Flugzeug weg ist. Man hört nur ein ganz leises Surren, aber das reichte scheinbar aus.

Sina hat ihr Hobby zum Beruf gemacht. Sie volontiert bei ihrer Lieblingsshow Taff. »News, Promis, Fashion, roter Teppich, persönliche Schicksale und sogar Selbstversuche vor der Kamera – ich habe in der relativ kurzen Zeit so viele verschiedene Sachen realisieren dürfen. Taff kennt wirklich keine Grenzen und genau das liebe ich!«

Das Lifestyle-Magazin Taff läuft unter der Woche täglich von 17.00 bis 18.00 Uhr auf ProSieben und erreicht rund 0,9 Millionen Zuschauer, einen Marktanteil von etwa sechs Prozent. Ein Großteil der Zuschauer ist zwischen 14 und 49 Jahren alt. Jedes Jahr beschäftigt Taff ab 1. März und ab 1. September drei bis vier neue Volontäre, die mithilfe eines Auswahlverfahrens ausgesucht werden. Voraussetzungen sind ein Studium in den Medien-, Kommunikations-, Sprach- oder sonstigen Geisteswissenschaften und ein souveräner Umgang mit der deutschen Sprache in Schrift und Wort. Außerdem wichtig sind gute Englischkenntnisse. Auf praktische Erfahrungen im journalistischen Bereich wird bei der Bewerbung ebenfalls geachtet. Daher empfiehlt es sich, vorab Praktika zu machen oder in einer Redaktion frei mitzuarbeiten. Insgesamt dauert das Volontariat zwei Jahre.

–– Tests und Gespräche beim Auswahltag ––

Hat man sich beworben und kommt für die Stelle als Volontärin Frage, so wird man zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. »Es gab einen Auswahltag. An dem mussten wir verschiedene Tests machen: einen Wissenstest, einen Persönlichkeitstest und einen Kreativteil, bei dem wir zu einem bestimmten Thema ein Drehkonzept erstellen mussten«, erzählt Marlen*, eine Volontärskollegin von Sina bei Taff. »Im Anschluss gab es ein Gespräch mit dem Chef vom Dienst, dem Chef und der Ausbildungsleiterin.«

Die Chancen für eine Übernahme nach dem Volontariat liegen bei ProSieben bei etwa 70 Prozent. »ProSieben versucht, seinen Nachwuchs stets zu fördern und auch zu behalten. Allerdings ist es immer davon abhängig, wie viele freie Plätze in der Redaktion sind. Ansonsten kann es auch sein, dass ProSieben versucht, jemanden in eine andere Abteilung zu setzen«, sagt die 24-jährige Sina.

Viviane Geppert, die neue Moderatorin bei Taff, hat es geschafft. Nachdem sie 2009 die Schule mit dem Abitur abschloss, begann sie ihr Bachelor-Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft in Augsburg. Währenddessen arbeitete sie beim Studentenradio Kanal C. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums bewarb sie sich für ein Praktikum beim Boulevard-Magazin Red und machte dort anschließend ein Volontariat. Durch gelungene Beiträge arbeitete sie sich bis zur Junior-Redakteurin hoch. Doch anstatt sich auf ihrem Erfolg auszuruhen, nahm sie 2015 an einem Casting für die Moderation des Magazins Taff teil. Sie überzeugte – und konnte ihre Position hinter der Kamera verlassen und vor die Kamera treten.

 –– Viel Arbeit für die Volontäre ––

Taff läuft an allen Werktagen jeweils eine Stunde. Um die Zeit zu füllen, braucht es zahlreiche Beiträge – viel Arbeit also für die Volontäre. »Die Kernzeit ist zwischen 8.30 und 18.00 Uhr. Um 9.30 Uhr beginnt unsere Themenkonferenz und um 17.00 Uhr schauen wir gemeinsam die Sendung, um anschließend eine Kritik machen zu können«, erklärt Sina.

Die Aufgabenfelder der Volontäre sind sehr breit gefächert. »Ich mache wirklich alles. Ich recherchiere Themen, schlage sie vor, setze sie um«, sagt Marlen. »Das heißt, ich erarbeite ein Konzept, organisiere den Dreh (Locations, Protagonisten, Requisite), schaue mir danach das Material an und schneide es mit einem Cutter zu meinem selbst verfassten Text. Anschließend lasse ich den Beitrag von einem professionellen Sprecher vertonen – fertig ist das Werk!« Danach muss sie die Bildrechte klären und eine Musikliste für die GEMA anlegen. Hinzu kommen manchmal Honorarverträge mit Protagonisten, die sie kontrollieren und weiterleiten muss. Die Volontäre sind außerdem Ansprechpartner bei internen und externen Anfragen zu Programmvorschau und Programmänderungen und helfen bei der Beschaffung und Archivierung von Pressematerial.

–– Als Volontärin nach New York ––

Beim Magazin Taff ist es den Volontären möglich, das Studio zu verlassen und vorübergehend in anderen Städten wie Berlin, Hamburg oder auch New York zu arbeiten. Die Mitarbeiter können weltweit Beiträge drehen und so neben der Arbeit die Welt erkunden. »Im Raum München haben wir feste Teams; in andere Bundesländer oder international verreisen wir meistens allein und buchen ein Team vor Ort«, sagt Marlen. »Ich war schon in ganz Deutschland unterwegs und bin derzeit in New York.« Aber gilt diese Arbeit noch als die eines Volontärs oder ist sie nicht die Aufgabe eines Redakteurs? »Volontäre sind bei uns vollwertige Redakteure und machen genau die gleiche Arbeit«, erklärt eine ehemalige Taff-Volontärin.

Sina ist fast am Ende ihres Volontariates bei Taff, doch sie hat es trotz langer Arbeitszeiten genossen und möchte weiterhin in der Branche arbeiten. Auf die Frage, ob sie das Volontariat bei Taff weiterempfehlen würde, antwortete Sina: »Absolut! Taff ermöglicht es, alles auszuprobieren, sich selbst zu verwirklichen und Träume wahr werden zu lassen. Das gesamte Team ist super, die Aufgabe vielfältig und die Möglichkeiten scheinbar grenzenlos!«

*Namen geändert

 

Nanina Ollig (Gastautorin) – Die Studentin der Medienwissenschaft und Romanistik zieht es in die Film- oder Fernsehbranche und kann sich eine Arbeit sowohl im journalistischen als auch im dramaturgischen Bereich vorstellen. Ihr Lieblingsurlaubsziel ist Frankreich.

1 Comment

Schreibe einen Kommentar