»Ist eh klar, dass es nichts wird« - Praxiskiste
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»Ist eh klar, dass es nichts wird«

Nur 30 von 1000 Bewerbern konnten 2016 an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München ein Masterstudium beginnen. Franziska Stadlmayer ist eine von ihnen. In einem Gespräch mit Svenja König erzählt sie von ihren ersten Schritten in den Journalismus.

 

Praxiskiste: Der Aufnahmetest an der DJS zählt zu einem der schwierigsten. Wie hast du ihn persönlich empfunden?

Franziska Stadlmayer: Ich hatte mich recht gründlich auf den Wissenstest vorbereitet. Deshalb hatte ich danach kein allzu schlechtes Gefühl. Richtig gut lief auch das persönliche Auswahlgespräch am nächsten Tag. Die halbe Stunde verging wie im Flug, denn mit den Prüfern konnte ich mich gut unterhalten. Die Atmosphäre war also eher locker, trotzdem war es immer noch eine Prüfungssituation.

Also war der Aufnahmetest gar nicht so schlimm?

Mir fehlte der Druck, es unbedingt schaf­fen zu wollen, weil ich mir ziemlich sicher war: Ist eh klar, dass es nichts wird. Ich hatte eigentlich schon meine Masterbewer­bun­gen für drei andere Städte fertig. Wäh­rend der Prüfung habe ich dann gemerkt, dass es gar nicht so schlecht läuft. Aber richtig zu hof­fen – das gestattet man sich dann doch nicht.

Welche Ratschläge würdest du künftigen Bewerbern geben?

Journalistische Vorerfahrungen sind natür­lich immer gut. So ist es auch mir leichter gefallen, mich dort zu behaupten. Für den Wissenstest sollte man unbedingt Jahres­rückblicke anschauen. Ich finde die vom ZDF sehr sinnvoll. Auch der Spiegel ver­öffentlicht immer einen Bilderrückblick. Von dem kam relativ viel im Bildertest vor. Mit ein bisschen Aufwand und wenn man halbwegs mit offenen Augen durch die Welt geht, dann hat eigentlich jeder bei die­sem Test gute Chancen.

Und für das Auswahlgespräch, hättest du dafür ein paar Tipps?

Auf keinen Fall verstellen! In der Gruppe vor mir haben sie jemanden total zerlegt, weil der zu dick aufgetragen hat. Außer­dem kam es sehr gut an, dass wir in meiner Gruppe interagiert haben, also aufeinander eingegangen sind. Ansonsten kann ich nur raten, auf alles vorbereitet zu sein. Ich zum Beispiel, habe in meinem Lebenslauf ge­schrieben, dass ich Improvisationstheater spiele, woraufhin ich dann überraschend mit einer kleinen Szene überfallen wurde. Also da muss man wirklich mit allem rech­nen.

Findest du das aufwändige Auswahlverfahren gerechtfertigt?

Als ich meine Klasse zum ersten Mal gese­hen habe, war ich überrascht, wie unterschiedlich alle waren – ganz verschiedene Charaktere gab es da. Durch dieses vielseitige Prüfungsverfahren versuchen sie eine bunte Mischung an Ta­lenten zusammenzustellen. Jeder kann seine Stärken zeigen und wenn man sich jetzt meine Klasse anschaut, ist das Verfah­ren definitiv gerechtfertigt.

Wie sieht der Studienalltag an der DJS denn nun aus?

Bisher hatten wir vor allem Kurse an der Ludwig-Maximilians-Universität, da wir auch an der Fakultät für Kommunikations­wissenschaft angesiedelt sind. Insgesamt ist das Studium viel praxisbezogener als die Bachelorstudiengänge der meisten meiner Klasse. An sich ist der Stundenplan noch nicht so voll. So haben viele auch Zeit nebenher journalistisch zu arbeiten, bevor das zweite Semester im Februar an der DJS richtig losgeht.

Die DJS befindet sich im Gebäude der Süddeutschen Zeitung. Allein die Größe, aber auch das strenge Sicherheitssystem ist beeindruckend. Mit welchem Gefühl betrittst du heute das Gebäude?

Damals zum Aufnahmetest wurde uns im­mer die Sicherheitstür aufgehalten. Jetzt haben wir unsere eigene Schlüsselkarte. Das stolze ‚Ich-gehöre-dazu-Gefühl‘ hält deshalb immer noch an. Aber wenn wir dann ab dem kommenden Semester jeden Tag dort sind, legt sich das vermut­lich.

Nun gehörst du tatsächlich dazu, als Nachwuchsjournalistin der DJS. War Journalismus denn schon immer dein Traumberuf?

Traumberuf würde ich nicht dazu sagen. Ich habe die ersten journalistischen Prak­tika ganz unverfänglich gemacht, weil mir die schlechte Bezahlung und die schwieri­gen Einstiegschancen durchaus bewusst waren. Dann habe ich aber gemerkt, dass ich richtig Spaß dabei habe. Und positives Feedback gab es noch dazu.

Denkst du, deine Zukunftschancen im Journalismus sind jetzt durch deine Ausbildung an der DJS besser, als wenn du ein Volontariat gemacht hättest?

Ich würde sagen, Volontäre haben in dem Medium, in dem sie arbeiten, bessere Chan­cen, da sie mit der Praxis besser vertraut sind. Allgemein profitieren wir von den Kontakten, die wir an der DJS knüpfen können. Uns werden Türen geöffnet, die sonst vielleicht verschlossen blieben. Aber die DJS ist trotzdem kein Garant für eine Festanstellung, wie es vielleicht vor 20 Jahren war. Um deinen Platz in der Ar­beitswelt zu finden, gehört auch freie Mit­arbeit oder pauschal arbeiten dazu. Heute brauchst du einfach einen längeren Atem!

Zur Person
Franziska Stadlmayer kommt aus Fürstenfeldbruck, in der Nähe von München. Während ihres Bachelorstudiums in Soziologie und Politik absolvierte sie mehrere Praktika bei regionalen Zeitungen und beim Radio. Im Frühjahr 2016 nahm sie am Aufnahmetest der DJS teil und wurde als eine von 30 Bewerbern angenommen. Seit Oktober letzten Jahres studiert sie an der DJS Journalismus im Master.