Das Phänomen ‚Podcast’: Ein waschechtes Expertengespräch mit »Herrengedeck«
Podcasts sind das neue Radio. Ständig und überall begleiten uns die kleinen und großen Geschichten unserer liebsten Geschichtenerzähler. Aber was ist das Geheimnis hinter dem Phänomen? Ich habe mich mit meinen Fragen an Ariana und Laura von »Herrengedeck – Der Podcast« gewandt. Herausgekommen ist ein waschechtes, virtuelles Expertengespräch.
Podcasts – wir hören sie alle. Auf dem Weg zur Uni, beim Kochen, beim Putzen: Sie sind unser ständiger Begleiter. Mit »Fest & Flauschig« haben Olli Schulz und Jan Böhmermann den Weg geebnet, aber schon seit der Aufnahme des Neologismus (Podcast = iPod + broadcast) in den Duden, wussten wir, dass die Online-Audioformate eine ernstzunehmende Erscheinung sind.
Auch ich habe für die Praxiskiste den Podcast »Bachelor State of Mind« produziert und frage mich seitdem, was hinter dem Phänomen steckt. Früher lief das Radio im Hintergrund – inklusive Werbeunterbrechungen. Heute umgeben wir uns mit den Geschichten von Podcastern. Die Subjektivität hat somit also auch den Hörfunk erreicht. Was ist der Reiz daran?
Ariana und Laura sind die Protagonistinnen des Podcasts »Herrengedeck« – eines meiner persönlichen Lieblingsformate. Seit November 2016 treffen sie sich nun alle zwei Wochen auf ein Bier und einen Korn und diskutieren über Themen wie »Warum die AfD einen Beauty-YouTube-Channel haben sollte« und »Warum wir Schimmel aus Tassen als vegane Pelzmäntel verkaufen«. Wer jetzt aber denkt, dass »Herrengedeck« reine Selbstdarstellung im Audioformat ist, der täuscht sich. Die beiden Berlinerinnen sind gesellschaftskritisch, intelligent und unfassbar witzig. Ich habe also mit Ariana und Laura ein kleines virtuelles Expertengespräch geführt und mal nachgehakt, wie es zum Podcast »Herrengedeck« gekommen ist, wie die beiden sich ihre Zuhörer vorstellen und was für einen Mehrwert sie im Podcastformat sehen…
Wie seid ihr auf die Idee gekommen einen Podcast zu produzieren und regelmäßig zu veröffentlichen? Was ist eure Motivation? Einfach eine Schnapsidee, die ihr jetzt schon eine Weile durchzieht, oder eine strategisch gut durchdachte Entscheidung?
Laura: Wir fanden uns lustig und wollten das der ganzen Welt zeigen.. Bei einem Käseteller mit Walnüssen sind wir dann auf die Idee gekommen, einen Podcast zu starten. Ich dachte am Anfang, die einzigen die sich das anhören sind wir selbst und meine Mutter.
Ariana: Vor allem wollten wir mal unser eigenes Ding machen! Laura und ich haben uns beim Radio als Moderatorinnen kennengelernt, da hat man schon ziemlich viele Vorgaben und ist nicht wirklich frei. Im Podcast können wir endlich so lange reden wie wir wollen und worüber wir wollen – und wir müssen nicht Avicii spielen!
Welche Podcast-Formate hört ihr selbst gerne? Und haben diese euch inspiriert »Herrengedeck« ins Leben zu rufen?
L: Ich kannte vorher nur »Fest&Flauschig« und »Gästeliste Geisterbahn« – alles Männer. Das musste sich ändern.
A: »Fest&Flauschig« und das »Podcast UFO« waren genau die Podcasts, die ich im Kopf hatte, als wir angefangen haben. Über das reden, was einen bewegt, bisschen lustig, manchmal bisschen ernster, im besten Fall denken die Hörer »Ja genau, das denk ich auch immer!«.
Wie geht ihr an die einzelnen Folgen ran? Habt ihr einen festen Plan oder entsteht alles spontan während Ihr Euch ein Herrengedeck zu Gemüte führt? (Anmerk.: Sowohl Ariana, als auch Laura mögen eigentlich kein Bier, aber die Emailadresse war bereits gekauft und somit der Wechsel zum Damengedeck zu spät)
L: Wir telefonieren vorher und überlegen uns im Vorfeld einen groben Ablauf. In der Zeit, in der wir nicht aufnehmen, sammeln wir jeweils Geschichten und Gedanken über die wir später reden wollen. Der Rest passiert spontan.
A: Und natürlich unsere festen Rubriken, die bereiten wir auch vor – der persönliche Fakt über jeden von uns zu Beginn, das Thema der Folge und der Random Fact – unnützes Wissen in supercool und superfunny.
Man stellt sich das ja alles easy peasy vor: Wie zeitaufwendig ist die Produktion tatsächlich?
L: Naja, da kommt schon ein bisschen was zusammen: Aufnehmen, Material durchhören, schneiden, hochladen, Social Media pflegen, Hörermails beantworten, Liveauftritte planen… es ist ein richtiger Job geworden.
A: Ich glaube, viele sehen das auch gar nicht – die denken, wir schalten das Mikro an, quatschen zwei Stunden drauf los und laden das dann hoch. Wenn wir dann erzählen, wie viel Arbeit in einer einzigen Folge so drinsteckt, sind sie immer ganz erstaunt. Es ist wirklich ein Halbtagsjob geworden.
Wie stellt ihr euch die Zuhörer von »Herrengedeck – Der Podcast« vor? Wie sehen sie aus, was machen sie während sie euren Stimmen lauschen?
L: Coole, schlaue, liebe und unfassbar witzige Leute, die die Welt bereisen und uns im Ohr haben.
A: Ich glaube wirklich, das sind Leute, mit denen man an einem Abend in ner Bar richtig Spaß hätte. Denn ganz ehrlich – wer über unseren Humor lachen muss, mit dem kann man sich nur gut verstehen.
Welchen Mehrwert seht ihr in dem Format ‚Podcast’?
L: Es ist halt eine Form der Unterhaltung, die man fast überall konsumieren kann. Im Auto, beim Putzen, beim Hausaufgaben machen. So vielfältig kann man kaum ein anderes Medium nutzen.
A: Außer Radio – aber genau da sehe ich den Vorteil von Podcasts. Wenn man einen gefunden hat den Leute machen, die man gut findet, wird man beim Zuhören nie wieder unterbrochen von Musik, Nachrichten oder Moderatoren, die man weniger mag.
Was wurdet ihr niemals in einem Podcast hören wollen? Was geht einfach gar nicht?
L: Jegliche Form von Hetze und Rassismus. Hat weder im Podcast noch anderswo was zu suchen.
A: Solange es nicht gesetzeswidrig ist oder anderswie grenzwertig, geht grundsätzlich erstmal alles – und das finde ich ja gerade das Tolle an Podcasts! Wenn mir dann etwas nicht gefällt, schalte ich halt ab.
Was haltet ihr von gesponserten Podcast-Inhalten?
L: Find ich total in Ordnung, so lange der eigentliche Inhalt nicht zu kurz kommt. Der Podcast ist for free und die Arbeit, die drin steckt nicht wenig. Warum sollte man dann nicht mit coolen brands zusammenarbeiten?
A: Bei Fernseh- oder Radiosendern beschwert sich niemand mehr über Werbung – und da stecken kommerzielle Sender dahinter, zumindest bei den Privaten. Podcasts, die privat und in der Freizeit produziert werden und für Zehntausende Hörer rein gar nichts kosten, müssen ja auch irgendwie finanziert werden.
Wo soll’s in Zukunft mit eurem Podcast hingehen? Irgendwelche Ziele?
L: Wenn wir so weitermachen dürfen wie im Moment und die Leute das nach wie vor feiern, bin ich eigentlich wunschlos glücklich.
A: Wir stehen ja gerade kurz vor unserer ersten Liveshow in Berlin. Wenn das gut läuft, könnte ich mir sowas in Zukunft auch vorstellen. Falls Netflix mitliest: wir hätten da ein paar Formatideen!
Vielen herzlichen Dank, liebe Ariana und Laura, für das Expertengespräch!
P.S. Wer sich den Berliner Podcast »Herrengedeck« anhören mag, findet diesen auf Soundcloud, Spotify, iTunes und Co. – es lohnt sich!
Übrigens, ihr könnt Ariana (@ariana_baborie) und Laura (@laura.larsson.berlin) auch bei Instagram finden…
Von Hanna Schlieder