»Der Amoklauf in München war eine Ausnahmesituation« - Praxiskiste
2024
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»Der Amoklauf in München war eine Ausnahmesituation«

Sich nach dem Studium ans Mikrofon stellen und die Leidenschaft zum Beruf machen – das macht Dorina Blau, Volontärin beim privaten Radiosender antenne 1 in Stuttgart. Im Interview mit David Frey spricht sie über ihre Ausbildung und welches Ereignis sie besonders geprägt hat.

 

Praxiskiste: Dorina, du machst gerade ein Moderationsvolontariat bei antenne 1. Was fasziniert dich am Radio?

Dorina Blau: Ganz klar der Umgang mit der Stimme. Wenn ich am Mikro stehe und moderiere, dann macht das etwas mit mir. Außerdem habe ich mit tagesaktuellen Themen zu tun, das bringt Abwechslung mit sich. Der Kontakt zu den Hörern liegt mir ebenfalls am Herzen.

Wie sieht eine typische Arbeitswoche bei dir aus?

Unter der Woche mache ich Redaktionsarbeit: Ich arbeite der Morgenshow zu, schreibe die Breaks für den nächsten Tag oder bereite andere Sendungen vor. Am Wochenende moderiere ich. Nicht an jedem Wochenende, aber im Schnitt zwei Mal im Monat.

Vor dem Volontariat hast du in Tübingen Medienwissenschaft und Rhetorik studiert. Hat dir dein Studium für deine jetzige Arbeit geholfen?

Mir hat Medienwissenschaft mehr gebracht, weil wir in dem Fach auch schon Hörfunkkurse hatten. Für meine Bachelorarbeit habe ich zudem einen Hörfunkbeitrag erstellt. So habe ich die ersten Grundzüge des Radios schon während des Studiums kennengelernt. In Rhetorik haben mir hauptsächlich die Praxisseminare geholfen. Die Theorie ist zwar nett, aber jetzt habe ich nichts mehr mit Aristoteles und Cicero zu tun.

Gab es in deiner bisherigen Zeit als Volontärin einen besonderen Moment, der in Erinnerung geblieben ist?

Ich sollte einmal abends moderieren von 19.00 bis 24.00 Uhr. Wir hatten im Mercedes-Benz Museum in Stuttgart eine Konzertveranstaltung mit Joris, die wir im Radio übertragen wollten. Kurz bevor die Show losging, passierte der Amoklauf in dem Münchner Einkaufszentrum. Das war für mich eine komplett neue Situation, weil ich meine Sendung schon fertig geschrieben hatte und dann hieß es: »Wir schmeißen komplett alles über den Haufen und machen jetzt nur noch München!« Da habe ich total gezittert und war sehr aufgeregt, weil das eine absolute Ausnahmesituation war. So etwas vergisst man auch nicht so schnell.

Wie hast du dann reagiert?

Ich hatte Glück, denn aufgrund des Joris-Konzerts waren noch einige Redakteure im Sender. Ich habe dann in meine Moderation zu verschiedenen Zeiten einen »Flash« eingebaut. Das ist ein spezieller Ton, der bei aktuellen Schlagzeilen verwendet wird. Ich habe den Amoklauf angekündigt und dann an den Nachrichtensprecher abgegeben, der die neuesten Informationen parat hatte.

Bekommt man für solche schwierigen Situationen eine Art von Routine?

Es kommt ganz darauf an, um was es sich handelt. Das Schlimmste ist ein Sendeausfall. Am Anfang war ich bei so etwas sehr nervös, doch je öfter das vorkommt, desto entspannter wird man. Ich habe dann im Kopf: Okay, Regler hochziehen, dann habe ich die Kontrolle wieder. Aber so etwas wie München, das trifft einen auf der emotionalen Seite. Bei dem Amoklauf sind Menschen gestorben und ich glaube, an so etwas gewöhnt man sich nie.

Kommen wir zurück zu deinem Volontariat. Kannst du von deinem Verdienst gut leben?

Ja, das würde ich so sagen. Ich lebe jetzt nicht in Saus und Braus, aber ich kann etwas zur Seite legen und mein Auto abbezahlen. Man muss bedenken, dass das Volontariat eine Ausbildung ist. Man bekommt vielleicht mehr als bei anderen Ausbildungen, aber reich wird man davon nicht.

Dein Volontariat endet im November. Weißt du, wie groß deine Übernahmechancen sind?

Nein, dafür ist es noch zu früh. Ich werde erst ab Mai das Gespräch suchen. Pauschal kann man nicht sagen, ob man übernommen wird oder nicht. Das kommt auf die jeweilige Situation des Senders an. Vor allem beim Privatradio ist entscheidend, wie es mit den Hörerzahlen aussieht oder wie viele Moderatoren gerade angestellt sind. Es kann immer sein, dass mal jemand kündigt und antenne 1 dann eine Moderatorin braucht. Von den letzten vier Volontären sind drei übernommen worden, deshalb bin ich optimistisch.

Zum Abschluss noch ein Blick in die Zukunft: Kannst du dir vorstellen, für immer als Radiomoderatorin zu arbeiten?

Das ist schwierig zu sagen, aber ich glaube nicht, dass ich mein Leben lang hinter dem Mikro stehen werde. Über die Zeit hat sich die Radiolandschaft stark verändert. Früher war ein Moderator noch eine Marke und 30 Jahre lang beim gleichen Sender. Das ist heute nicht mehr die Regel. Ich möchte mir meine Optionen für später offenhalten, aber Fernsehen oder Presse- bzw. Öffentlichkeitsarbeit würde mich auch sehr interessieren.

 

Zur Person

Dorina Blau ist 23 Jahre alt und absolviert seit November 2015 ein zweijähriges Moderationsvolontariat beim privaten Radiosender antenne 1 in Stuttgart. Davor hat sie an der Universität Tübingen den Bachelor in Medienwissenschaft und Rhetorik abgeschlossen und für die dpa geschrieben.