
Der Volontär – ein ewiger Praktikant?
Eventmanagement, Corporate Publishing oder Social-Media-Management – in einer Public-Relations-Agentur laufen viele Arbeitsfelder zusammen. Um einen begehrten Platz in dieser Branche zu ergattern, ist ein Volontariat nach dem Studium beinahe unumgänglich. Aber warum ist eine solche Ausbildung notwendig? Und was macht ein Volontär überhaupt?
Viele Studenten träumen nach ihrem Studium von einer Karriere in der PR-Branche. Doch die Universität bereitet oft nur bedingt auf den wahren Alltag in einer PR-Agentur vor, deshalb fehlt es den meisten Absolventen an nötiger Berufserfahrung, um sofort durchstarten zu können. Genau hier wird das Volontariat wichtig.

Steven Gold
Steven Gold hat seinen Bachelor in Medienwissenschaft an der Universität Tübingen gemacht und schon während seines Studiums als freier Mitarbeiter für eine Zeitung aus der näheren Umgebung geschrieben. Der Weg führte auch für ihn nicht an einem Volontariat vorbei, denn eine freie Mitarbeit ist kein Ersatz. Zurzeit ist er in den letzten Monaten seines eineinhalbjährigen Volontariats bei der PR-Agentur panama pr in Stuttgart. »Meistens entscheidet man sich aktiv für den Master oder das Volontariat. Manche Unternehmen sehen gerne den Master-Abschluss, viele Agenturen schätzen die Berufserfahrung, die ein Volontär erlangt«, begründet er seine Entscheidung. Im Endeffekt komme es auf die persönlichen Präferenzen an.
Ein Studium der Medien- oder Kommunikationswissenschaft bietet eine gute Basis für den Einstieg in die Öffentlichkeitsarbeit. Der Einstieg in eine PR-Agentur ist ohne Volontariat aber nahezu unmöglich. Um einen der beliebten Volontariatsplätze zu ergattern, sollte man neben guten Noten auch erste Praxiserfahrungen mitbringen. Es bietet sich also an, selbst wenn es nicht im Studienplan vorgeschrieben ist, durch Praktika in Agenturen erste Eindrücke zu sammeln. Außerdem sind Arbeitsproben gern gesehen, etwa von der freien Mitarbeit bei einer (Uni-)Zeitung. »Es ist wichtig, während des Studiums Engagement gezeigt zu haben«, sagt Steven.
— Engagement während des Studiums ist der Grundstein zum Erfolg —
Auch Tobias* aus München kann auf mehrere Jahre Erfahrung zurückblicken, die er während seiner Studienzeit gesammelt hat. Neben Praktika und zwei Werkstudentenstellen bei Focus Online und einer Tourismus-PR-Agentur hat er sein Studium der Kommunikationswissenschaft von Anfang an auf PR ausgerichtet. »Mir fiel das Studium oft leichter als den anderen – ich wusste, wo ich hinwollte.« Heute ist er Volontär bei einer Münchener PR-Agentur und arbeitet dort mit seiner Teamleiterin zusammen in der Beauty-Einheit. Die beiden betreuen alle Kunden im Bereich Beauty. Durch diese Spezialisierung arbeitet er mit ganz anderen Kunden als Steven in Stuttgart, der im Bereich Gastronomie und Reisen beschäftigt ist.
Im besten Fall wird schon vor Volontariatsbeginn ein flexibler Ausbildungsplan erstellt. Enthalten sein sollten mehrere Schulungen. Solch einen Optimalfall erlebte Steven: »Mein Ausbildungsbudgethaben wir in mehrere kleinere Fortbildungen, wie beispielsweise zur Pressetextoptimierung, und in eine große Schulung zu Social-Media-Management investiert.« So läuft es aber nicht immer: Tobias* beispielweise hat keine Schulungen erhalten und lernt ausschließlich aus seinem Berufsalltag innerhalb der Agentur.
— Auf den Volontär wartet ein breites Aufgabenspektrum —
Doch wie sieht der Arbeitsalltag eines Volontärs aus? Auf diese Frage gibt es keine Antwort. Aus einem einzigen Grund: Es gibt keinen typischen Alltag in der PR-Agentur; Stress, Routine und neue Aufgaben wechseln sich ab. Zu den gängigen Jobs gehört das Bearbeiten von Anfragen, das Schreiben von Pressetexten und Artikeln, aber auch die Organisation von Events oder Pressekonferenzen. Je nach Kundenschwerpunkt und dem gegenwärtigen Projekt unterscheidet sich die Arbeit erheblich. Für ein Projekt der Agentur hat Steven einen Monat lang nur innerhalb des sozialen Netzwerkes Facebook gearbeitet: »Typisch Klischee Medienberuf«, meint er. Nach diesem Monat sah sein Arbeitsalltag dann schon wieder ganz anders aus, weil ein neues Projekt auf ihn wartete. Nur eine Aufgabe ist bei ihm routiniert und auch nicht wegzudenken: »Jeden Morgen koche ich mir eine Tasse Kaffee und checke meine E-Mails.«

Tina Hofmann
Nicht nur Arbeitsalltag, Kunden und Ausbildungsplan sind von Volontariat zu Volontariat unterschiedlich – auch die Gehälter variieren in der PR-Branche erheblich. Die Gehaltspanne verläuft zwischen 1400 bis 2000 Euro brutto im Monat. Seit 2015 gilt überall in Deutschland branchenübergreifend der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde – auch für Volontäre, die nach einer Einlernphase ein fester Bestandteil des Teams und ein vollwertiger Mitarbeiter sind. Da hatte es Ex-Volontärin und heutige Redakteurin Tina Hofmann mit ihrem Arbeitgeber pr+co gut getroffen: Sie bekam während ihres Volontariats deutlich mehr als den Mindestlohn ausgezahlt. Ihre Agentur in Stuttgart ist auf Corporate Publishing spezialisiert. Genauer heißt das, dass sie Mitarbeiter- und Kundenzeitschriften für ihre Kunden gestaltet.
— Das Volontariat als Türöffner —
Das Volontariat bietet einen guten Einstieg in das Berufsleben. »Die erste eigene organisierte Medienkooperation war schon etwas Besonderes«, sagt Steven. Ein Volontär sammelt nicht nur viele Erfahrungen im realen Berufsleben, sondern die Agentur lernt auch den Volontär kennen. Im Optimalfall stimmen Interessen von Kunden, Agentur und Volontär so gut überein, dass es auf ein langfristiges Arbeitsverhältnis hinausläuft. Trotz Aussicht auf eine Junior-Berater-Stelle in seiner derzeitigen Agentur ist es für Steven schwierig zu sagen, wohin der Weg letztendlich führt. »Senior-Berater in der Agentur wäre ein Traum für die Zukunft, aber wenn ich morgen ein Angebot als Pressesprecher von Bayern München bekomme, würde ich auch nicht ›Nein‹ sagen«, meint Steven und lacht. Auch Tobias* schwankt noch zwischen einem nachgeschobenen Master im Ausland, einem anderen Traineeprogramm oder einem Tapetenwechsel – zu dem Zweitsitz seiner Agentur in Norddeutschland.
* Name geändert
Katharina Loch (Gastautorin) – Die Studentin der Medienwissenschaft und Allgemeinen Rhetorik liebt es, sich mit Geschichten von Menschen und strategischer Kommunikation auseinanderzusetzen. Deshalb möchte sie später in der PR-Branche tätig werden. In ihrer Freizeit taucht sie gerne – und schießt dabei Bilder der Unterwasserwelt.