Durch die Schule in den Journalismus
Auf 100 Bewerber gibt es nur 12 Ausbildungsplätze. Im Interview mit dem Pressesprecher Stefan Junger der Reutlinger Zeitenspiegel-Reportageschule spricht Angela Brauchle über den Eintritt in die Medienbranche durch den Besuch einer Journalistenschule.
Praxiskiste: Was unterscheidet die Reutlinger Journalistenschule von anderen Journalistenschulen?
Stefan Junger: Unser Schwerpunkt liegt auf der Reportage. Natürlich werden den Bewerbern noch andere Dinge beigebracht, die man als Journalist braucht. Der Fokus liegt jedoch auf der Printreportage. Wir bilden explizit für den freien Journalismus aus, weil seit vielen Jahren feste Stellen entweder abgebaut werden oder weil sie sehr dünn gesät sind.
Was sollten Bewerber mitbringen?
Das Wichtigste ist, dass unsere Bewerber journalistische Vorerfahrungen mitbringen. Die Ausbildungszeit beträgt nur ein Jahr und da ist es unmöglich, bei Null anzufangen. In der Regel haben die Bewerber ein abgeschlossenes Studium. Dies ist aber nicht zwingend die Voraussetzung. Die meisten bewerben sich mit einem Bachelor. Wir haben aber auch Masterstudenten unter den Teilnehmern. Ob Bachelor oder Master – das spielt keine Rolle. Erfahrungen in der Arbeitswelt sind uns aber besonders wichtig.
Welche journalistischen Vorerfahrungen sind wünschenswert?
In unserer Idealvorstellung sieht es so aus, dass ein Bewerber bereits ein Praktikum in einer Lokalredaktion absolviert hat. Dort ist es den Praktikanten noch möglich, viel auszuprobieren. So fängt man klassischerweise an. Ein zusätzliches Praktikum in einer Magazinredaktion wäre die Kür. Wir haben jedes Jahr circa 100 Bewerber auf 12 Ausbildungsplätze. Da ist es natürlich schon wichtig, dass man hervorsticht. Wir machen auch in diesem Jahr eine umfangreiche Arbeit zum Thema Onlinejournalismus und Bewegtbilder, aber unser Fokus liegt auf der geschriebenen Reportage. Daher sind Praktika im Printbereich unabdingbar
Welche Studiengänge bevorzugen Sie bei Ihren Bewerbern?
Absolventen eines naturwissenschaftlichen Studiums haben besonders gute Chancen. Es kann aber auch ein Studium im sozialen oder im sprachlichen Bereich sein. Ich würde jedoch nicht unbedingt das klassische Journalismusstudium empfehlen, um sich anschließend bei uns damit zu bewerben. Wir bevorzugen Studierende, die irgendeine Fachrichtung mitbringen und einen Schwerpunkt haben. Jedoch gibt es trotzdem auch Teilnehmer, die Journalismus oder Kommunikationswissenschaften studiert haben.
Welche Eigenschaften sollten zukünftige Bewerber haben?
Sie müssen Neugierde mitbringen; neugierig auf Menschen und auf das Leben sein. Man muss aufmerksam durch das Leben gehen. Solche Dinge sind, neben den Formalitäten, für uns Grundvoraussetzung.
Welchen Stellenwert hat der Besuch einer Journalistenschule gegenüber dem Volontariat?
Es ist möglich, nach der Journalistenschule direkt mit der Arbeit zu beginnen; ohne noch extra ein Volontariat zu machen. Grundsätzlich gibt es aber alles in jeglicher Richtung. Wir haben sowohl Teilnehmer, die schon ein Volontariat gemacht haben, wir haben aber auch Absolventen, die noch ein Volontariat hintendran hängen. Es gibt keinen eindeutigen Weg.
Wie waren die Chancen für Ihre Absolventen auf dem Arbeitsmarkt?
Wir beobachten das intensiv und haben einen ziemlich guten Draht zu vielen unserer Absolventen. Die allermeisten fangen nach der Journalistenschule an, sich eine freie Existenz aufzubauen. Die Absolventen haben bereits eine Art Standbein durch die Kontakte, die sie durch unsere Schule oder Praktika bereits knüpfen konnten. Wir haben auch fest angestellte Redakteure unter unseren Absolventen. Die meisten arbeiten jedoch als freie Autoren.
Zur Person
Stefan Junger ist Schulmanager und Pressesprecher der Zeitenspiegel-Reportageschule in Reutlingen. Außerdem ist er für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Volkshochschule in Reutlingen verantwortlich. Die Reportageschule ist eine Einrichtung der Volkshochschule Reutlingen.