»Es ist ermutigend zu sehen, dass ich nicht alleine bin« - Praxiskiste
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»Es ist ermutigend zu sehen, dass ich nicht alleine bin«

Blogs sind heute überall. Von Reiseberichten über Schminktipps bis hin zu Gaming-Reviews – wer einen Blog zu einem bestimmten Thema sucht, wird diesen vermutlich auch finden. Ich habe mich an Christina vom Blog Chapter One Mag gewendet und ihr Fragen rund um das Thema Blogging und ihren Schwerpunkt Berufseinstieg gestellt.

 

Früher oder später findet sich fast jeder in dieser Situation: Das Schuljahr ist fast vorbei, der Abschluss so gut wie in der Tasche oder das Semster ist zu Ende, die Bachelorarbeit im Druck und man steht vor einer Wand. Was mache ich jetzt? Wo gehe ich hin? 10 Bewerbungen sind schon verschickt doch es regnet nur Absagen. Gedanklich findet man sich schon damit ab, dass man noch ein drittes, höchstwahrscheinlich völlig unterbezahltes Praktikum machen muss…
Christina Wunder, Gründerin des Online-Magazins Chapter One Mag kennt sich da aus. Als Teil der Generation Praktikum weiß sie, wie es Absolventen regelmäßig ergeht. Ehrlich und herrlich erfrischend teilt sie ihre Erfahrungen mit den Lesern  ihres Blogs und gibt nützliche Tipps rund um die Themen Bewerbung und Berufseinstieg – und macht dabei Mut, wenn man den eigentlich schon fast verloren hat. Christina hat sich für die Praxiskiste Zeit genommen, ein paar Fragen beantwortet und uns drei Tipps gegeben, die sie gerne schon früher gekannt hätte.

 

Praxiskiste: Wie bist du auf die Idee gekommen einen Blog rund um den Berufseinstieg zu veröffentlichen? Was war bzw. ist deine Motivation?

Christina Wunder: Als ich das Chapter One Mag gründete, hatte ich gerade mein letztes Praktikum hinter mich gebracht, und meinen ersten ›echten‹ Job angefangen. Ich war total froh darüber, endlich richtige Berufserfahrung sammeln zu können, mein eigenes Geld zu verdienen und nicht mehr unbezahlt beziehungsweise unterbezahlt zu arbeiten. Ich hatte lange im Internet herumgesucht, um einen Blog zu finden, in dem es um das Thema Berufseinstieg ging, aber leider wurde ich nicht fündig. Da habe ich kurzerhand entschlossen, meinen eigenen Blog zu gründen.
Zudem war ich damals für meinen ersten Job aus dem Ausland zurück nach Deutschland gezogen, und ich hatte gerade am Anfang noch mit dieser Umstellung zu kämpfen. Das Schreiben wurde für mich zum kreativen Ventil. Beim Bloggen konnte ich meine Erfahrungen über die ersten Schritte im Berufsleben festhalten oder meine Tipps mit anderen Berufseinsteiger/innen teilen, beispielsweise zur Bewerbung oder zum eigenen digitalen Bewerberprofil.
Je nach Branche kann dieser erste Schritt ins Berufsleben unter Umständen ganz schön schwierig sein. Auch die Einstellung so mancher Arbeitgeber macht das Ganze nicht leichter. Alle schreien sie immer nach jungen Leuten mit jahrelanger Berufserfahrung, am besten schon vor dem zwanzigsten Lebensjahr. Da kann es einen schon mal verunsichern, wenn man zwar ein abgeschlossenes Studium hat, aber außer ein paar Praktika noch keine ›richtige‹ Arbeitserfahrung vorzuweisen hat. Dabei haben viele junge Menschen verdammt viel auf dem Kasten, und darauf kann und soll man auch stolz sein – man muss es eben nur erkennen und entsprechend selbstbewusst verkaufen.
Meine Motivation beim Bloggen ist es, dem einen oder der anderen Berufseinsteiger*in ein bisschen von diesem Selbstbewusstsein zu geben. Ganz toll finde ich es auch, dass sich bei uns auch regelmäßig Community-Autoren zu Wort melden, und von ihren eigenen Erfahrungen berichten und ihre Learnings mit unseren Leser/innen teilen.

Liest du selbst regelmäßig Blogs?  Wenn ja, auch Blogs rund um das Thema Arbeitswelt und Berufseinstieg?

Ja, ich lese selbst auch regelmäßig Blogs, zu allen möglichen Themen. Zum Teil auch welche, in denen andere von ihrem Berufseinstieg oder den ersten Schritte in die Selbstständigkeit erzählen. Besonders interessant finde ich natürlich Blogger*innen, die das Ganze ausgewogen darstellen. Also nicht nur mit ihren Höhen prahlen, sondern auch ehrlich von den Tiefen berichten. In den Sozialen Medien kann man schnell mal das Gefühl bekommen, dass bei den anderen immer alles super läuft – während man selbst als einzige mit Problemen zu kämpfen hat, oder wo auch mal was schief läuft. Da finde ich es total ermutigend, zu sehen, dass ich nicht alleine bin. Denn vielen anderen geht es ähnlich. Natürlich ist es auch hilfreich zu sehen, wie sie damit umgegangen sind.

Wie ist das für euch, einen erfolgreichen Blog zu führen und gleichzeitig das Privatleben und natürlich den Job nicht zu kurz kommen zu lassen?

Für uns beide ist das Chapter One Mag ein Herzensprojekt, das wir neben unseren Vollzeitjobs betreiben. Natürlich ist es entsprechend nicht immer leicht, das alles unter einen Hut zu bekommen – vor allem, wenn man einen recht anspruchsvollen Job hat, plus Freunde, Sport, Hobbies, und so weiter.
Ich persönlich versuche da nicht so streng mit mir zu sein. Wenn ich Phasen habe, in denen es auf der Arbeit mal wieder wild zugeht, oder ich privat total eingespannt bin, dann erzwinge ich auch nichts. Das Schreiben ist mein kreatives Ventil, und wenn ich Inspiration habe, dann schreibe ich auch. Es ist eine super Möglichkeit, Dinge, die mir bei der Arbeit passieren, aufzuarbeiten oder mich darüber auch mit unseren Leser*innen auszutauschen. Wenn ich mich jedoch ausgebrannt fühle, und einfach nur mit lieben Menschen zusammen sein und Filme schauen will, dann mache ich das auch. Diese Balance ist mir superwichtig. Denn jedes Hobby wird schädlich, wenn es nur zusätzlich Druck erzeugt, anstatt Freude zu bereiten.

Wie geht ihr an die einzelnen Beiträge ran? Habt ihr einen festen Redaktionsplan oder entstehen eure Beiträge je nach Idee bzw. Zeit, die ihr gerade habt?  

Wir haben keinen festen Redaktionsplan. Wenn die Inspiration kommt, dann schreiben wir. Da kann es passieren, dass ich wochenends oder abends einen Artikel schreibe, weil mir etwas Interessantes passiert ist oder weil ich auf einer spannenden Veranstaltung war. Oder aber ich sitze irgendwo am Flughafen und hämmere eine Idee in mein Handy, die ich dann später wieder aufgreife und finalisiere. Das Chapter One Mag hat mittlerweile auch viele Community-Autoren, die unsere Seite fleißig mit Beiträgen füllen. Die lese ich persönlich besonders gerne, weil ich dann auch einen Einblick in das Leben von anderen Berufseinsteiger*innen erhalte. Schließlich ist das immer total individuell und bei jedem anders. Je vielfältiger die Erfahrungen, umso spannender und hilfreicher ist das für die Chapter One Leserschaft.

Du beschäftigst dich jetzt schon lange mit dem Thema Berufseinstieg – kannst du uns aus dieser Zeit drei Tipps geben, die du gern früher gekannt hättest?

Ganz klar, mein Tipp Nummer 1: Dass man sich etwas weniger Sorgen machen soll. Ich habe irgendwann einfach festgestellt, dass die meisten schlaflosen Nächte voller Zukunfts- und Versagensängste unbegründet waren. Denn wenn man sich immer anstrengt und sein Bestes gibt, dann klappt es auch irgendwie – auch wenn es hier und da mal anders aussieht, als man es sich vorgestellt hatte. Ich weiß natürlich selbst, dass man vor jedem, der einem das sagt, herzhaft die Augen verdreht. Ist ja einfach, das zu sagen, wenn man das Gröbste hinter sich hat. Aber es ist die Wahrheit.
Zweitens würde ich jedem raten, bei Bewerbungen darauf zu achten, auf die Bedürfnisse des Arbeitgebers einzugehen. Erzähle nicht seitenlang, warum du so kompetent bist, sondern bringe auf den Punkt, was dein Arbeitgeber von dir hat. Welches Problem wirst du für ihn/sie lösen? Wo hast du die Aufgaben die in der Stellenanzeige beschrieben werden, schon erledigt? Wo hast du die geforderten Kompetenzen erworben und angewendet? Je konkreter die Beispiele, umso besser.
Und zu guter Letzt: pflege dein digitales Profil. Google dich selbst (fast jeder Arbeitgeber macht das ohnehin) und schau, was dir angezeigt wird. Ist dein LinkedIn- oder Xing-Profil auf dem neusten Stand? Hast du dich dort schon mit den Kollegen aus dem Praktikum oder dem Nebenjob als studentische Hilfskraft vernetzt? Pflege diese Kontakte offline sowie online – wer weiß, was sich daraus ergeben kann! Es lohnt sich, denn ich habe beispielsweise meinen jetzigen Job bei der EU-Kommission über LinkedIn angeboten bekommen. Ich hatte dort vor Jahren mal ein Praktikum gemacht, und als sie gerade nach einer neuen Mitarbeiterin suchten, hatte mein Profil ihr Interesse geweckt.

Wo soll’s  in Zukunft mit eurem Blog hingehen? Irgendwelche Ziele?

Mein Traum für das Chapter One Mag ist es, dass es sich zu einer Blog- und Netzwerk-Plattform für Berufseinsteiger entwickelt. Hier sollen sich Berufseinsteiger austauschen können, von ihren Erfahrungen berichten und sich gegenseitig aufbauen. Wichtig ist mir da vor allem die Vielfalt an Erfahrungen und Eindrücken. Es sollten sich verschiedenste Berufseinsteiger/innen in unseren Inhalten wiederfinden – nicht nur solche, die zufällig in derselben Situation stecken wie ich. Deshalb finde ich es auch so schön, dass wir Community-Autor/innen haben, die ihre ganz persönlichen Geschichten erzählen.
Und falls Du oder Ihr Lust habt, eure Erfahrungen auch mal aufs Papier zu bringen – neue Ideen und Artikel sind natürlich immer herzlich willkommen 🙂

 

Von Jessica Sautter