Kreativgespann für Werbefilme
Seit gut einem Jahr arbeiten Simon Fessler und Tobias Paul alias Simon & Paul in der Werbeproduktion. Die Spezialisten für Fotografie und Film machten ihr Hobby zum Beruf und konnten ihre Leidenschaften verbinden. Im Interview mit Philemon Schick sprechen Sie über die Entwicklung in ihrer Branche, die Verbindung von Privat- und Berufsleben und Begegnungen, die Leben verändern können.
Praxiskiste: Zunächst die Frage: aus welchem Studium kommt ihr und wie schwer war der Einstieg in euren Beruf?
Simon & Paul: Ich (Simon) habe Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Mannheim im Bachelor mit dem Beifach Soziologie studiert. Alles, was ich über Fotografie und Film weiß, habe ich mir quasi selbst beigebracht. Ich bin Autodidakt. Das mit der Fotografie war anfangs mehr ein Hobby. Während des Studiums habe ich dann angefangen etwas Geld damit zu verdienen und so bin ich dann in diese Branche reingerutscht. Wir haben über das Equipment, welches wir uns angeschafft haben, auch wieder mehr Möglichkeiten gehabt und konnte uns so ein Netzwerk aufbauen. Wie schwer es ist, in dieser Branche Fuß zu fassen? Das ist schwer zu sagen. Ich glaube, wir hatten viel Glück. Wir haben die richtigen Leute kennengelernt und waren oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Wie würdet ihr die Branche, in der ihr arbeitet, bezeichnen?
Wir sind eine Werbefilmproduktion, allerdings nicht klassischen Sinn. Eine klassische Werbefilmproduktion ist doch ein bisschen größer. Wir sind ja jetzt hier aktuell zu Dritt plus die Freien, die für uns arbeiten. Dadurch belegen wir schon noch viele Aufgabenfelder selbst. Offiziell sind wir eine Filmproduktion. Unser Schwerpunkt liegt auf Commercials, Content, Bewegtbild und Branded Content. Im weitesten Sinn machen wir auch Animationsfilme. Dafür haben wir jedoch Leute, die Animation können und unsere Ideen umsetzen. Im Moment arbeiten wir beispielsweise an einem kleinen Film für Viva con Agua und haben auch schon kleine 3D Animationsfilme für Tchibo gemacht.
Vorhin habt ihr kurz erwähnt, dass ihr momentan zu dritt seid und mittlerweile mehrere freie Mitarbeiter für euch arbeiten. Lässt sich daraus schließen, dass sich Simon & Paul stetig vergrößert und nicht länger eine Zweierkonstellation ist?
Genau, also wir beide sind die Gründer und dann haben wir nebendran noch den Christian sitzen, das ist der beste Praktikant. Daher zu dritt. Die Größe des Teams variiert von Produktion zu Produktion. Es kann sein, dass das im kleinsten Fall nur einer von uns macht und wir aber bei großen Produktionen am Ende fast 20 Leute sind, die an einem Projekt arbeiten. Von der Aufteilung her ist es bei uns so, dass Tobias mehr den Kreativpart übernimmt. Er ist der Kameramann, der „wracker of photography“. Simon macht die Produktionsleitung und führt Regie. Tobias (lächelnd): Und diesen „kreativen Part“, den teilen wir uns. Simon: Es ist natürlich auch immer so, dass man von der Agentur gewisse Vorgaben bekommt, Konzepte, die einfach umgesetzt werden müssen, ob das jetzt jemand von uns macht, oder eben andere Regisseure.
Eines eurer ersten Projekte nannte sich der „Bartender“. Wie lief der Dreh und der „kreative Part“ bei diesem Video ab?
Das allererste sogar! Das ist die ganz klassische Schnapsidee! Wir haben damals zusammen in einer WG gewohnt und haben abends zusammen eine Kneipentour gemacht. Wir sind dann irgendwann in diese eine Bar gekommen, in der dieser eine bestimmte Bartender gearbeitet hat. Wir waren zugegebenermaßen auch schon ein kleines bisschen angetrunken. Wir haben ihn gesehen und uns gesagt, das wäre doch voll geil, mit dem ein Video zu machen. Wir haben ihn dann eben leicht betrunken angequatscht. Im Nachgang meinte er zu uns, er habe nicht gewusst, ob wir das überhaupt ernst meinten. Zwei Tage später haben wir uns auf einen Kaffee mit ihm getroffen, haben ihm so grob erzählt, was wir machen wollen und haben das dann auch drei Tage später gedreht. Das war eigentlich eine komplett freie Arbeit, in der wir unsere Leidenschaft für gutes Essen, gute Getränke mit der Leidenschaft für Ästhetik und gute Bilder gemischt haben. Aus dieser Idee des Videos entstand dann auch die Idee, eine Firma zu gründen. Schon während des Studiums hatten wir darüber gesprochen, wie es wäre, wenn wir in diesem Bereich einmal arbeiten würden. Wir haben dann irgendwann gedacht, es wäre blöd, das Video auf der Portfolio-Seite von Simon oder Tobias versauern zu lassen, also haben wir die Idee in die Tat umgesetzt und eine Firma gegründet. Im Nachhinein betrachtet hat uns eigentlich dieser Typ inspiriert. Wir haben das damals auch komplett zu zweit gedreht. Also wir und eben der Bartender, der damals Head-Bartender in jener Bar war. Man könnte also sagen, das war die Initialzündung für die Gründung unserer Firma. So hat also alles angefangen.
In welche Richtung habt ihr euch seitdem beruflich und auch menschlich entwickelt?
Generell haben wir uns davon wegentwickelt, dass wir alles selbst machen wollen. Wir haben mittlerweile unsere Aufgaben besser verteilt und es ist uns wichtig, dass die Person am Set genau diese eine Aufgabe macht. Es ist einfach ergebnisorientierter, wenn der Kameramann nicht auch gleich noch Fotos machen muss und der Regisseur nicht gleichzeitig noch die Aufnahme leitet. Wir haben uns dahingehend professionalisiert und vom Format her weitestgehend auf Bewegtbild spezialisiert.
Privat verbindet euch schon eine langjährige Freundschaft. Kann man sagen, dass Privat- und Berufsleben sich vermischen?
Simon: Klar, man redet auch beim Bier abends nochmal über die Arbeit. Auf der anderen Seite macht man abends vielleicht gar nicht mehr so viel zusammen, das ist vielleicht die andere Folge. Privatleben und Arbeit sind für mich so eine persönliche Einstellungssache. Ich lass auch mal meinen Laptop auf der Arbeit. Auf der anderen Seite beantworte ich auch Emails, die ich um elf Uhr abends noch bekomme kurz. Also mich belastet das eigentlich mehr, wenn ich bis morgens warte, als wenn ich die einfach kurz beantworte. Aber das ist glaube ich auch so eine Typsache. Das ist bei dir wahrscheinlich auch nicht anders, oder? Tobias: Mittlerweile brauche ich schon die Trennung, wenn ich in meine Wohnung komme. Meine Eltern sind auch selbstständig und der Laden war über dem Wohnhaus. Das fand ich schon immer nicht so toll! Bei mir funktioniert das im Kopf dann auch ganz gut, mal von der Arbeit abzuschalten. Okay, also abschalten können will gelernt sein! Gerade in den Geisteswissenschaften scheint es ja heutzutage auch unentbehrlich, ein gesundes Wechselspiel zwischen Studium, Freizeit und praktischer Erfahrung zu finden.
Was würdet ihr jungen Medienwissenschaftsstudenten, die in der Branche einmal hoch hinauswollen, mit auf den Weg geben?
Bei uns war es noch so, dass wir wenige Vorlesungen hatten. Da hatte man einfach die Zeit, etwas Eigenes zu probieren. Deshalb kann man die Leute nur ermutigen, auch außerhalb des Studiums etwas zu machen. Es gibt Dinge, die kann man an der Uni nicht lernen. Es bringt am Ende beruflich vielleicht nicht so viel, wenn du deinen Prof zum besten Freund, aber keine Kontakte in deiner Berufsbranche hast. Man sollte sich auf jeden Fall die Zeit nehmen, beispielsweise ein sechs monatiges Praktikum zu absolvieren. Wir haben teilweise Anfragen, bei denen Leute für zwei Monate vorbeikommen wollen, das sehen wir schwierig. Man sollte sich einfach die Zeit nehmen! Während des Studiums Kontakte zu knüpfen ist Gold wert. Es gilt: Machen, machen, machen!
Zur Person
Simon Fessler und Tobias Paul alias Simon & Paul verstehen sich als moderne Produktionsfirma der Werbeproduktion. Als kreatives Gespann versuchen sie alle Bereiche der Konzeption, Commercial, Online-Content, Animation und Branded Entertainment Formate abzudecken. Während Simon Fessler hauptsächlich für die Produktionsleitung zuständig ist, agiert Tobias Paul als Kameramann und übernimmt die kreative Leitung. Simon & Paul wurde im Februar 2014 gegründet.