»Macht doch einfach das, worauf ihr Lust habt«
Nach dem Studium nochmal umsatteln – geht das überhaupt? Im Interview mit Lisanne-Marie Knoch spricht die Burda-Redakteurin Nina Zeller über ihr Kunstgeschichte-Studium, Sex and the City und warum man immer auf sein Gefühl hören sollte.
Praxiskiste: Sie haben Kunstgeschichte studiert. Was hat Sie dazu bewegt, sich danach für den Journalismus zu entscheiden?
Nina Zeller: An sich hatte ich schon geplant, bevor ich mit dem Studium anfing, irgendwann ein Volontariat dranzuhängen. Mir war bewusst, dass ein abgeschlossenes Studium bei vielen renommierten Journalistenschulen Voraussetzung ist. Nach dem Abitur gab es zwei Möglichkeiten: Journalismus direkt zu studieren oder ein anderes Studium zu belegen. Ich habe mich für meine private Vorliebe entschieden, nämlich Kunstgeschichte.
Warum haben Sie sich für eine Journalistenschule entschieden anstatt für ein Germanistik-Studium?
Viele Volontariate sind gekoppelt mit einer Journalistenschule; oder du kannst bei einer Tageszeitung dein Volontariat machen und hast dann ebenfalls die Ausbildung als Redakteur/in durchlaufen. Das Einzige, was dann so ein bisschen fehlt, ist das praktische Arbeiten in Seminaren bei verschiedensten Dozenten aus der Medienbranche, die nur an Journalistenschulen lehren. Bezüglich des Germanistik-Studiums habe ich im Laufe meiner Arbeitszeit inzwischen das Fazit gezogen, dass es nicht wirklich einen Unterschied macht, was man vorher studiert hat.
Das heißt, man muss keinen Journalismus studieren, um später als Redakteur zu arbeiten?
Ja. Wenn du schon nach dem Abitur weißt, was du machen willst, ist das natürlich zielgerichteter. Aber die meisten Leute, die ich kenne, haben ein Studium absolviert, auf das sie richtig Lust hatten. Mein Rat an alle, die nicht genau wissen, wo sie in der Medienbranche hin wollen: Leute, macht doch einfach das, worauf ihr Lust habt. Das ist viel wichtiger! Es gibt so viele Quereinsteiger. Wichtig ist nicht nur das Wissen, sondern vor allem die Begabung und Leidenschaft, die man dafür entwickelt.
Sie haben letztes Jahr zu dem Spezialheft »Gesundheit« des Focus gewechselt. Eine machbare Herausforderung trotz fehlendem Hintergrundwissen?
Richtig, ich muss mich gerade in ganz neue Themen in den Bereichen Gesundheit und Medizin einarbeiten, in denen ich höchstens Basiswissen habe. Man muss einfach fleißiger sein und sich mehr dahinterklemmen, als der, der Fachwissen mitbringt. Aber ich bereue es trotzdem nicht, Kunstgeschichte studiert zu haben. Es war ein tolles Studium. Ich hatte das Gefühl, dass damals die Diskussion »Müssen Journalisten wirklich Journalismus studiert haben?« ganz stark aufkam.
Wie wurde damals über das Thema Quereinsteiger diskutiert?
Der Tenor war, dass es grundsätzlich besser ist, etwas Fachspezifisches zu erlernen. Zum einen, um ein festes Standbein zu haben, falls der Berufseinstieg nicht klappt; zum anderen, weil du in einer berufsnahen Ausbildung lernst, wie man praktisch arbeitet.
Die von Ihnen besuchte Journalistenschule gehört dem Burda Verlag, ergab sich dadurch ein leichterer Berufseinstieg?
Ja, auf jeden Fall. Vor allem auch im Gegensatz zu Volontariaten in kleinen Verlagen, besonders wenn sie nicht mit einer Journalistenschule gekoppelt sind. Bei einem so großen Unternehmen mit über 8.000 Mitarbeiter wie dem Burda Verlag mit Standorten in Deutschland und im Ausland ist der Einstieg sehr viel einfacher gewesen, weil du das große Netzwerk des Verlags zur Verfügung hast.
Hat sich das Bild des Journalismus für Sie im Laufe der Zeit verändert?
Ja, es hat sich schon verändert. Während meiner Schulzeit hatte ich ein prägendes Erlebnis im Rahmen eines Schnuppertags. Ich durfte mit einem anderen Mädchen zusammen eine Redakteurin begleiten, deren Thema der Schnuppertag selbst war. Wir hingen wie Kletten an der armen Redakteurin, um alles aufzusaugen, stellten ganz viele doofe Fragen und haben versucht so gut es geht zu helfen. An diesem Tag ist aber doch mein Weltbild zerstört worden. Ich dachte als Redakteurin sitzt du da wie Carrie Bradshaw in »The Sex and the City« und schreibst eine schöne Kolumne auf einem schicken Laptop. Nein, du tingelst mit einem PKW durch die Pampa und musst irgendwelche armen 16-Jährigen interviewen, wie sie diesen Tag fanden. Es hat mich am Ende trotzdem nicht abgeschreckt.
Ihr Tipp zum Einstieg in den Journalismus?
Ich kann wirklich nur jedem raten, ein Praktikum bei einer Tageszeitung zu machen. Viele Journalistenschulen setzen ein abgeschlossenes Praktikum bei einer Tageszeitung sogar voraus. Bei einer Tageszeitung lernst du extrem viel in extrem kurzer Zeit und wirst einfach ins kalte Wasser geworfen. Gleichzeitig lassen sie dir meist sehr viel Freiraum im Schreiben – und das ist klasse!
Zur Person
Nina Zeller hat von 2006 bis 2012 an der LMU München Kunstgeschichte im Hauptfach studiert. Nach ihrem Magister-Abschluss entschloss sie sich für ein Volontariat an der Burda Journalistenschule, das sie 2014 erfolgreich abschloss. Heute ist sie als Redakteurin im Spezialheft »Gesundheit« des Magazins Focus tätig.