Praxiskiste | »Man sollte auch ein bisschen Rotz und Wasser heulen«
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»Man sollte auch ein bisschen Rotz und Wasser heulen«

Jung, frech, amüsant – und das bei ARD und ZDF? Das neue Online-Angebot der Öffentlich-Rechtlichen namens »funk« versucht, genau mit diesen Attributen zu punkten. Wie die Arbeit dort aussieht und warum ein Feen-Kostüm immer hilfreich ist, erklärt der Berufseinsteiger und ZDF-Redakteur Jan Horst im Gespräch mit Kathrin Piecha.

 

Praxiskiste: Als Neuling beim ZDF bist Du unseren Lesern zwar einen Schritt voraus, aber trotzdem noch keine 30 Jahre im Beruf. Deshalb kannst Du Dich bestimmt noch gut an Deinen Einstieg erinnern: Wie war Dein erster Arbeitstag bei »funk«?

Jan Horst: Das war eine völlige Überforderung! Am Anfang war überhaupt nicht klar, was gemacht werden soll, weil das »funk«-Format »Gute Arbeit Originals« – für das ich zuständig bin – noch so krass in den Kinderschuhen gesteckt hat. Jeder musste sich zunächst sortieren und ich musste mir meine Aufgaben zu Beginn erst suchen.

Und was kannst Du deshalb einem Berufsanfänger für seinen allerersten Tag mitgeben?

Hab’ keine Angst zu scheitern.

Was hättest Du selbst gern vor Deinem ersten Arbeitstag beim ZDF gewusst?

Dass ich kein Autor sein würde. Ich glaube, ich hätte schon davor wissen müssen, dass ich mehr Verwalter und weniger kreativ sein würde, als ich es mir gewünscht hatte; denn das ZDF produziert vieles nicht mehr selbst. Deswegen muss sich jeder überlegen, ob er zum Sender oder zu einer Produktionsfirma will.

Oftmals ist es schon stressig genug,  einfach nur Berufseinsteiger zu sein. Doch wie hoch ist der interne Druck bei einem so neuen Projekt wie »funk«?

Alle Formate sind mandatiert – das heißt, es wird Geld bereitgestellt und dann werden Ziele formuliert. In diesen Zielen steht aber nicht drin, bis zum 01.01.2018 eine Millionen Views haben zu müssen – das finde ich auch gut so. Es geht eher um das Wachstum und um die Qualität: Wie entwickelt sich das Format? Ist es angenommen worden? Ist es inhaltlich stark und generell positiv zu bewerten?

Siehst Du »funk«, obwohl es »nur« online präsent ist, als eine gute Einstiegschance in die Fernseh-Branche?

Auf jeden Fall. »funk« ist eine riesengroße Möglichkeit für junge Medienschaffende.

Du hast selbst zwar Medienwissenschaft studiert, sagst aber, dass Dein Studium gar nicht das Zielführende war.

Nein, sondern meine Freizeit. Ich habe neben dem Studium so viel Zeug gemacht und so viele Kontakte gesammelt – das war quasi meine Lehre und da konnte ich mich ausprobieren. Das ist wirklich das Allerbeste am Studium: Du hast so viel Freizeit, dass du den Sachen nachgehen kannst, die für dich und deinen späteren Job wirklich wichtig sind.

Hattest Du denn während des Studiums einen Glücksbringer oder gibt es jetzt einen, der bei der Arbeit immer auf Deinem Schreibtisch liegt?

Ich habe nur ein White Board. Wenn ich kreative Ergüsse habe, schreibe ich da alles ganz schnell drauf. Aber mein Kollege – der hat einen Feen-Zauberstab und eine Feen-Krone. In kritischen Gesprächen setzt er die auf, um die schlechte Luft wegzuzaubern. Da kann ja auch keiner mehr böse sein, wenn eine Fee vor einem sitzt. (lacht)

Von Feen-Kostümen zu Zukunftsvisionen: Wie blickst Du in die Zukunft?

Sehr positiv. Ich bin jetzt an einem Punkt, an dem mir nicht mehr viel passieren kann. Ich habe so viele Kontakte gesammelt und schon so viel gemacht, obwohl ich erst so jung bin, dass ich glaube, dass ich immer irgendwo Fernsehen oder irgendetwas mit Medien machen könnte.

Eigentlich eine sehr schöne Zusammenfassung: Spanne dir ein Netz aus Kontakten, denn das wird dich im Zweifelsfall immer auffangen.

 

Ja, das wird einem immer den Arsch retten. Zudem bin ich auch jemand, der sagt, Talent setzt sich einfach durch und wenn du gut bist, dann vertrau’ auch auf deine Talente. Sei einfach frech und sprich Menschen an, die dir eigentlich nicht antworten müssen. Natürlich gibt es immer Leute, die es besser können als du, aber das große Geheimnis ist, es einfach trotzdem zu machen – denn es gibt noch viel mehr, die es schlechter können. Diese Sicherheit hat man im Studium meistens noch nicht. Aber das ist okay. Man sollte auch ein bisschen Rotz und Wasser heulen in manchen Nächten. Denn daraus kann man viel Energie ziehen. Wenn man immer Erfolg hat und sich gar nicht anstrengen muss, dann lernt man auch nie, zu kämpfen.

 

Zur Person
Jan Horst (26) studierte in Tübingen Medienwissenschaft und Linguistik. Seit Juni 2016 betreut er als ZDF-Redakteur bei »funk«, dem neuen Online-Angebot von ARD und ZDF, den Comedy-Channel »Gute Arbeit Originals«. Zudem ist er Autor für »Die Pierre M. Krause Show« und führt unter dem Titel »Scheiterhaufen« einen eigenen Podcast zum Thema Scheitern.