»Nicht abschrecken lassen!«
Knapp 1.200 Volontariatsplätze bei Tageszeitungen gibt es laut Deutschem Journalisten-Verband bundesweit. Cornelius Eyckeler bekam einen davon. Seit eineinhalb Jahren arbeitet er beim Schwarzwälder Boten. Im Interview mit Eleni Schlossnikel erzählt er, was er erlebt, wie er als Einsteiger die berufliche Zukunft sieht und warum die Arbeit in einer Lokalredaktion so gut darauf vorbereitet.
Praxiskiste: Cornelius, seit einigen Jahren gibt es immer weniger Journalisten im Printbereich. Wie ist es, in so eine Branche einzusteigen?
Cornelius Eyckeler: Ich persönlich glaube, dass der Trend zwar Richtung Online geht, es aber auch in den nächsten Jahren immer Leser geben wird, die morgens ihre Zeitung auf dem Tisch haben wollen. Angehende Journalisten sollten sich davon nicht abschrecken lassen! Ich sehe natürlich, dass Auflagen und Abonnenten im Printbereich allgemein zurückgehen. Allerdings gibt es auch viele alte Redakteure, die aufhören, und somit werden wieder Stellen frei.
Du hast dich nicht abschrecken lassen und direkt nach deinem Bachelor mit einem Volontariat angefangen. Wie bist du dazu gekommen?
Nach meinem überwiegend theoretischen Bachelor wusste ich nicht genau, wie es weitergehen soll. Davor habe ich schon Praktika bei Hitradio Antenne 1 und dem Schwarzwälder Boten gemacht. Ursprünglich wollte ich nämlich zum Radio gehen. Daraus wurde jedoch erstmal nichts. Nach einem zweiten Praktikum beim Schwarzwälder Boten habe ich mich für ein Volontariat beworben. Lokalredakteure werden ja häufig so ein bisschen belächelt, aber in einer Lokalredaktion zu arbeiten ist eine sehr gute Schule! Die meisten Zeitungsleser interessieren sich schließlich vor allem dafür, was bei ihnen im »Flecken« passiert. Alle anderen Nachrichten bekommen sie auch aus der Tagesschau oder dem Internet.
Was empfiehlst du Interessierten, die sich für ein Volontariat bei einer Lokalzeitung bewerben wollen?
Das kommt immer darauf an, was die Zeitung für ein Bewerbungsverfahren hat. Also, beim Schwarzwälder Boten wird zum Beispiel viel Allgemeinwissen getestet. Praktische Erfahrungen, auch im Social Media-Bereich, sind natürlich auch sehr wichtig. Mein Tipp: Freie Mitarbeiter sind bei einer Zeitung immer gefragt! Wer Journalist werden möchte, sollte da keine Scheu haben hinzugehen und mal nachzufragen.
Musstest du bei deiner Bewerbung auch Schreibproben einreichen?
Ich habe drei Artikel eingereicht. Sehr gut ist auch, bei der Bewerbung eine Reportage abzugeben, da der Bewerber dabei bildlich beschreiben und nicht »nur« neutral erzählen muss, wie beispielsweise bei einem Bericht. Beim Schwarzwälder Boten musste ich auch noch einen Kommentar schreiben, was sehr anspruchsvoll war. Ich habe über den Wohnungsmarkt in Baden-Württemberg geschrieben. Das Thema war allerdings vorgegeben.
Nun bist du schon seit eineinhalb Jahren beim Schwarzwälder Boten. Wie ist dein Volontariat aufgebaut und was sind deine Aufgaben?
Ich habe vier feste Stationen – drei Lokalredaktionen und einmal Mantelredaktion. Der »Mantel« ist der überregionale Teil einer Lokalzeitung, also unter anderem Titelseite, Politik- oder Wirtschaftsteil. Meine Aufgaben sind Texte schreiben, redigieren und einarbeiten – also kürzen oder umstellen – sowie Themen gewichten. Im »Mantel« schreibe ich weniger selbst und bekomme die Themen zugeschickt, unter anderem von der dpa. Beim Schwarzwälder Boten kann ich theoretisch jedoch auch einmal wöchentlich im »Spielverderber« ein aktuelles Thema glossieren. Während dem Volontariat gibt es noch ein Grundlagen- und ein Aufbauseminar. Im Grundlagenseminar habe ich Fertigkeiten, wie zum Beispiel Medienrecht, das Mediensystem, Zeitungslayout und verschiedene Textarten kennengelernt. Im Aufbauseminar haben wir nochmal das Handwerk vertieft. Der Schwarzwälder Bote gibt Volontären außerdem die Möglichkeit Hausseminare mit Experten zu besuchen. Im Februar gehen wir zum Beispiel nach Straßburg ins EU-Parlament.
Weil du gerade von Möglichkeiten sprichst – Was waren bisher deine Highlights und was deine größten Herausforderungen im Volontariat?
Zu Highlights fallen mir spontan zwei meiner Reportagen ein. Am Anfang meines Volontariats habe ich mal über den Alltag im Rottenburger Gefängnis geschrieben. Das war wirklich cool. Die zweite Reportage war über ein Gourmet-Essen in Baiersbronn im Schwarzwald, das ich natürlich probieren »musste«. Danach habe ich noch den Sterne-Koch Jörg Sackmann interviewt (Anmerkung der Praxiskiste: Baiersbronn ist international bekannt für seine Sternegastronomie.). Herausforderungen sind hingegen Gemeinderatssitzungen, die über drei Stunden gehen – alles in Beamtendeutsch! Das muss ich dann später kurz und verständlich für den Leser zusammenfassen. Schwierig ist es auch, wenn ich zu Unfällen gerufen werde! Ich fühle mich manchmal als Gaffer, mache aber letztendlich auch nur meine Arbeit.
Wo siehst du dich denn in den nächsten 10 Jahren?
Die erste Zeit würde ich sehr gerne beim Schwarzwälder Boten bleiben! Später kann ich mir auch vorstellen, mal bei einer Stadtzeitung, vielleicht bei den Stuttgarter Nachrichten oder in einer Radioredaktion zu arbeiten. Der SWR ist vielleicht hoch gegriffen, wäre aber schon toll. Meiner Meinung nach bereitet das Volontariat in einer Lokalredaktion auf viele Medienberufe vor, weil man eben das Schreiben von Grund auf lernt.
Zur Person
Cornelius Eyckeler, 26, hat seinen Bachelor in Kommunikationswissenschaften mit den Nebenfächern BWL und Pädagogik an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg gemacht. Nach seinem Studium zog es ihn für sein Volontariat wieder zurück in seine Heimatstadt Rottenburg.