Oma, lass‘ mal wieder skypen!
Flüge online buchen, Fotos mit nur einem Fingertipp an die ganze Familie verschicken, Tablets anstelle von Heften im Schulunterricht nutzen: In der heutigen Gesellschaft sind Medien nicht wegzudenken. Daher ist ein kompetenter Umgang mit ihnen unerlässlich. Der Medienpädagoge Michael Wanninger berichtet im Gespräch mit Maria Karwan über die Möglichkeiten im Bildungswesen.
Praxiskiste: Medien sind in unserem Alltag fest verankert. Herr Wanninger, warum ist Medienbildung so wichtig?
Michael Wanninger: Weil die ganze Gesellschaft Medien nutzt, aber sehr viel Zeit und Anstrengung benötigt, um mit ihnen kompetent umgehen zu können. In dem Sinne, dass sie dabei verantwortungsvoll und zielgerichtet ist. Mangelnde Medienkompetenz ist ein gesellschaftliches Problem.
Sie arbeiten am Landesmedienzentrum (LMZ) und wirken diesem gesellschaftlichen Problem entgegen. Was genau sind Ihre Aufgaben?
Wir sind für den Jugendmedienschutz zuständig. Dieser läuft bei uns über viele Projekte: Cybermobbing und soziale Netzwerke sind unser Schwerpunkt. Das Ministerium möchte der Zielgruppe an Schulen Workshops und Veranstaltungen anbieten. Auf diese Weise wird die Medienpädagogik gefördert. Dafür gibt es Leute wie mich, die als Koordinatoren arbeiten. Wir haben eine Datenbank mit über 100 medienpädagogischen Referenten. Es kommen Anfragen von Schulen aus Baden-Württemberg, die ich koordiniere. Die Referenten setzen dann die Workshops um. Außerdem beraten wir zu allen medienpädagogischen Fragen. Beispiele hierfür sind Alternativen zu WhatsApp, Medienerziehung, Datenschutz und App-Berechtigungen. Diesen Dienst kann jeder in Deutschland in Anspruch nehmen.
Wie sind Sie zu Ihrem Job gekommen?
Zum einem durch mein Studium. Ich habe zuerst Sozialarbeit studiert. Dort gab es auch ein paar Medienpädagogikseminare. Nach dem Studium habe ich erkannt, dass mir die Medienpädagogik am wichtigsten ist. Deswegen habe ich anschließend Medienpädagogik und Kommunikationspsychologie studiert. Zum anderen war ich in meiner Studienzeit sehr aktiv. Ich arbeitete beim Freien Radio Rüsselsheim in Hessen. Dort betreute ich ein Projekt, durch das wir Kinder über den Sender an das Thema Medienbildung herangeführt haben. So konnten sie selbst Beiträge erstellen und dadurch auch Medienkompetenz erwerben. Diese Vorerfahrung hat mir gezeigt, dass ich in Richtung Medienpädagogik gehen will.
Ich bin Medienwissenschaftlerin und keine Medienpädagogin. Kann ich trotzdem in der Medienbildung arbeiten?
Ja, wir haben immer Quereinsteiger. Medienpädagogik ist sowieso kein geschützter Begriff. Es kann sich also jeder bewerben, der in der Medienbranche tätig ist. Ich rate immer, dass man sich nicht nur auf das Studium verlässt. Es ist wichtig, sich zuerst einmal auszuprobieren und herauszufinden, was einem liegt – auch welche Zielgruppe: Manche Leute können super mit Kindern und Jugendlichen umgehen, für andere steht Elternarbeit im Mittelpunkt. Einige finden es schrecklich, mit Lehrern zu arbeiten. Als Freiberufler kann man da wunderbar viel machen. Es gibt einige Projekte, bei denen man hospitieren kann. Insbesondere, wenn man an mehreren Bundesländergrenzen wohnt. Jedes Bundesland hat seine eigenen Projekte. Man kann beispielsweise Schulprojekte unterstützen, bei denen eine Woche lang das Arbeiten mit dem Tablet auf dem Programm steht. Es gibt auch immer mehr Seniorenprogramme. Ältere Menschen sind für uns eine völlig neue Zielgruppe. Diese bringt viel Zeit und Interesse mit: Senioren wollen auch mal im Internet einkaufen oder das neugeborene Enkelkind über Skype sehen. Da der Medienbereich groß ist, kann jeder herausfinden, was ihm tatsächlich liegt. Wenn man bereits verschiedene praktische Erfahrungen nachweisen kann, ist das ein guter Einstieg.
Praktische Erfahrungen sind meist der Königsweg ins Berufsleben. Haben Sie konkrete Tipps für die Projektsuche?
Sie können sich auf Medienportalen wie etwa Klicksafe oder Handysektor über Themen und Angebote informieren. Das sind EU-Initiativen, die deutschlandweit gelten. Die Volkshochschulen und Landesmedienanstalten der jeweiligen Bundesländer bieten auch einiges an.
Wie wird man am LMZ medienpädagogischer Referent?
Wir führen eine fünftägige Schulung durch. Währenddessen versuchen wir, das Wissen der Referenten über Medienpädagogik zu erweitern – auch wenn sie das Thema im Studium nicht hatten.
Was muss ich abgesehen von diesem Wissen mitbringen, wenn ich als Referentin arbeiten möchte? Habe ich als Medienwissenschaftlerin auch Vorteile?
Es muss eine gewisse Affinität für die Arbeit mit Gruppen vorhanden sein. Es ist wichtig, sich auf Probleme einstellen zu können, die bei der Mediennutzung entstehen. Anschließend muss man versuchen, sich in diese hineinzudenken. Von Vorteil ist, dass Medienwissenschaftler aufgrund der Rezeptionsforschung die Motive für Mediennutzung kennen. Sie sind in der Lage, zu überlegen, welche Resultate für die Gesellschaft wichtig sein könnten. Diese können sie dann in den medienpädagogischen Bereich einbetten.
Zur Person
Michael Wanninger arbeitet seit 2011 am Landesmedienzentrum Baden-Württemberg in Stuttgart. Er studierte Sozialpädagogik an der Katholischen Fachhochschule in Mainz. Anschließend folgte sein Diplom-Studium in Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik und Kommunikationspsychologie an der Universität Landau.