Selbstständigkeit direkt nach dem Studium?
Rainer Wälde ist Unternehmer, Berater, Filmemacher und „durch und durch Journalist“. Für die Praxiskiste nahm er sich Zeit mit Benedict Hoyer über die beruflichen Chancen angehender Journalisten zu sprechen.
Praxiskiste: Rainer du arbeitest in der freien Wirtschaft. Warum braucht es dort Journalisten?
Rainer Wälde: Wir haben heute eine riesige Fülle von Content aber es ist Content der nicht professionell produziert wurde. Ich würde sagen jeder Journalist ist in erster Linie dem Leser verpflichtet. Er versteht es, egal in welchem Medium, in kurzer Zeit möglichst glaubwürdig, stimmig, authentisch und realistisch ein Bild zu vermitteln oder eine Meinung zu bilden. Die Grundregeln für guten Journalismus die heute noch in der Tagesschau oder den öffentlich rechtlichen Sendern gelebt werden, werden von den meisten Menschen die in den sozialen Netzwerken aktiv sind leider nicht mehr praktiziert. Auch in vielen Unternehmen nicht mehr.
Du bist ja in allen Medienarten zu Hause. Kannst du einen Einblick in deine beruflichen Stationen geben?
Mit 15 habe ich eine Schülerzeitung gegründet, das fand ich irgendwie cool, ich hab gerne geschrieben und da hab ich angefangen mit Theaterkritiken. Nach meinem Studium Jura und Betriebswirtschaft bin ich als Volontär zum Privatradio und als dann das Privatfernsehen in Deutschland losging und RTL anfing in einer Garage erste Sendungen zu machen habe ich Talkshows, Magazinsendungen und Dokumentarfilme über viele Jahre produziert. Letztendlich merkte ich aber, dass viel TV Präsenz auch einsam macht. Die Welt des Studios ist ja relativ künstlich. Ich musste wieder mit realen Menschen zu tun haben und hab dann viele Jahre Seminare und Vorträge gehalten. Vor drei Jahren, mit 53, hab ich dann alles was ich gelernt habe gebündelt und berate jetzt den deutschen Mittelstand in Sachen Reichweite, Reputation und Glaubwürdigkeit.
Du wurdest von Christian Wulff als einer der fünf besten deutschen Unternehmensberater ausgezeichnet, was bietest du deinen Kunden?
Ich bin kein PR Berater ich bin durch und durch Journalist. Alles was ich mache könnte auch in den klassischen Medien publiziert werden. Ich nehme immer die neutrale Position ein, also ein Journalist berichtet über das Unternehmen und nicht die Perspektive ich Unternehmer mache Werbung. Das ist ein wichtiger Punkt.
Sind wir müde von Werbung?
Ich denke die Werbemüdigkeit grade Unternehmen gegenüber ist riesengroß. Was noch positiv auffällt sind innovative und exotische Sonderformate auf YouTube. Wie z.B. den Erfolg den Edeka die letzten zwei Jahre eingefahren hat aber die klassische Newsletter-Werbung oder Werbebroschüren das schmeißen die Leute in die Tonne, da funktioniert vieles nicht mehr.
Welche Nischen siehst du für angehende Journalisten auf dem freien Markt?
Die Nische Dokumentarfilm halte ich für wenig profitabel. Mit Dokumentarfilmen sein Geld zu verdienen das gelingt ganz wenigen. Wo ich Nischen sehe für Journalisten ist in dem Crossmedialen. Für Wirtschaftskunden interessante Formate entwickeln. Ich persönlich glaube z.B. dass wir eine große Renaissance von Print Magazinen erleben werden. Der ganze Zeitschriftenmarkt boomt aber nicht diese verstaubten Jahresberichte sondern wirklich Kundenmagazine die innovativ sind und die im Prinzip an jedem Zeitschriftenkiosk laufen könnten. Ich glaube da ist für junge Journalisten wirklich ein Markt sich zu etablieren.
Ich muss aber die verschiedenen Medienarten beherrschen und die journalistischen Spielarten unterscheiden können: Was ist ein Kommentar, eine Meldung, ein Portrait oder eine Glosse. Diese Dinge muss man als junger Journalist heute können.
Viele Studierende haben eine Scheu vor der Selbstständigkeit direkt nach dem Studium. Würdest du davon abraten?
Würde ich nicht, aber ich würde mir einen Businessplan machen, realistisch kalkulieren und versuchen die Kosten am Anfang gering zu halten. Ich muss mir als Journalist auch eine Onlinereputation aufbauen und das ist neu. Die eigene Vita und meine Arbeitsproben sollte ich auf einer Website werbend zur Schau stellen.
Was ist dir bei deinen Volontären wichtig und bedeutet dir ein Uniabschluss in Medienwissenschaften etwas?
Für mich ist nicht der Abschluss relevant aber die alte Journalistenregel, man sollte in irgendeine Richtung studiert haben und auch einen Abschluss haben. Ich persönlich wähle meine Volontäre nach ihren kommunikativen Fähigkeiten aus und ob sie in der Lage sind ihren Arbeitsalltag selbstständig zu strukturieren und ob sie selbststeuernd ihre Aufgaben bewältigen können. Die Selbstständigkeit ist für mich ein ganz zentraler Punkt.
Zur Person
Rainer Wälde ist Journalist, Berater und Filmemacher. Er war für NBC Super Channel, das niederländische Fernsehen EO, den MDR und RTL tätig. In den letzten Jahren hat er als freier Filmproduzent zahlreiche Dokumentarfilme gedreht, die international ausgezeichnet wurden. Als Referent, Berater und Coach unterstützt er den deutschen Mittelstand Reichweite zu gewinnen und zum Kundenmagnet zu werden.