Zwischen Büro und Betreuung: Herausforderungen in der Schulbegleitung - Praxiskiste
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Zwischen Büro und Betreuung: Herausforderungen in der Schulbegleitung

In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen entscheidet oft das richtige Zusammenspiel von Empathie, Organisationstalent und Fachwissen über den Erfolg. Isabel Laudahn, sozialpädagogische Fachkraft bei den Johannitern Oberbayern, kennt diese Herausforderung aus erster Hand. Im Bereich Schule und Jugendhilfe ist sie das Bindeglied zwischen SchulbegleiterInnen und den Kindern, die auf Unterstützung angewiesen sind. Wie gestaltet sich ihr Alltag zwischen Büroarbeit und pädagogischen Aufgaben? Ein Einblick in eine unverzichtbare und vielschichtige Tätigkeit. Ein Interview von Theresa Ostermeyer

 

Praxiskiste: Zu Anfang eine lustige Frage: Wenn du deinen Job mit einem Emoji beschreiben müsstest, welchen würdest du wählen?

Isabel Laudahn: Hm, ich würde den Smiley wählen, der dieses nette Lächeln hat. 😊 Denn mir gefällt meine Arbeit schon sehr.

Praxiskiste: Das freut mich zu hören. Was hat dich ursprünglich dazu bewegt, in den sozialen Bereich zu gehen? Und gab es einen Schlüsselmoment oder eine bestimmte Motivation?

Isabel Laudahn: Mit 17 habe ich ein Praktikum mit Tieren gemacht, als Pferdewirtin. Da habe ich mich dann aber letztendlich dagegen entschieden. Seitdem bin ich im sozialen Bereich tätig. Auch alle meine Ausbildungen, die ich gemacht habe, waren im sozialen Bereich, zum Beispiel die Erzieherausbildung. Ich wollte einfach immer mit Menschen arbeiten und sie in ihren Lebenslagen unterstützen und ihnen helfen.

Praxiskiste: Schön, dass du das Richtige für dich gefunden hast. Was mich und unsere LeserInnen auch sehr interessiert, ist dein Arbeitsalltag. Welche Momente in deiner Arbeit geben dir das Gefühl, etwas Bedeutungsvolles zu tun?

Isabel Laudahn: Wenn ich zum Beispiel ein Match zwischen einem Kind, bei dem es Schwierigkeiten gibt, und einer Schulbegleitung habe und die Leute dann dankbar sind und sich freuen. Oder auch wenn ich pädagogische Mitarbeitergespräche führe. – Einfach immer dann, wenn ich den Leuten wirklich helfen und sie unterstützen kann.

Praxiskiste: Das kann ich verstehen. Gibt es bei dir im Arbeitsalltag auch Herausforderungen?

Isabel Laudahn: Oh ja. Das Arbeitspensum ist immer sehr hoch und daher habe ich oft das Gefühl, dass ich es nicht schaffe. Und dann ist es meistens auch so viel, was gleichzeitig stattfindet oder erledigt werden muss. Wir haben einfach so viele SchulbegleiterInnen. Wir werden immer mehr und mehr und mehr … Das ist tatsächlich die größte Herausforderung. Ich würde mich auch nie trauen, krank zu sein. Sonst schaffe ich das alles ja nicht.

Praxiskiste: Wie gehst du mit emotionaler Belastung in deinem Arbeitsalltag um? Wenn es zum Beispiel Probleme mit einem Schulkind gibt, die dir besonders nahe gehen. Hast du dafür Strategien?

Isabel Laudahn: Tatsächlich rede ich dann einfach mit meinen Kollegen. Das hilft und geht meistens auch ziemlich schnell (lacht). Und wenn ich manchmal zweifle: »War meine Entscheidung jetzt richtig?« Dann suche ich ebenfalls das Gespräch zu meinen Kollegen. Dabei bekomme ich vielleicht eine andere Sichtweise auf die eigene Entscheidung.

Praxiskiste: Das passt auch zu meiner nächsten Frage. Und zwar: Gibt es irgendeine Unterstützung, die du im Team erhältst, um mit Stress und emotionaler Belastung umzugehen?

Isabel Laudahn: Es hilft, dass einfach alle ein offenes Ohr haben. Und bei speziellen Themen, bei denen ich noch etwas lernen muss oder es etwas gibt, das mir hilft, bietet mir meine Chefin auch Fortbildungen etc. an. Wir schauen da aufeinander.

Praxiskiste: Was motiviert dich denn trotz der vielen Herausforderungen und des Stresses weiterzuarbeiten?

Isabel Laudahn: Was mich motiviert? Das Coole an dem Job ist, dass er nicht langweilig wird, man immer etwas zu tun hat, auch mal Action hat und nicht jeden Tag bis zum Feierabend die Zeit totschlägt. Außerdem ist der Job sehr abwechslungsreich. Beispielsweise fahre ich zu Hilfeplangesprächen. Das sind Treffen bei denen alle Beteiligten, also die Schulbegleitung, das Kind, die Eltern, die Lehrkraft, das Jugendamt und ich gemeinsam eine individuelle Unterstützungsmaßnahme planen. Das finde ich auch cool und immer interessant.

Praxiskiste: Auf einer Skala von eins bis zehn, wie hoch schätzt du, ist die gesellschaftliche Anerkennung für deine Arbeit und das, was du täglich leistest?

Isabel Laudahn: (Überlegt) … Sechs!

Praxiskiste: Und wieso sechs?

Isabel Laudahn: Na ja, weil ich finde, dass die Anerkennung im sozialen Bereich immer sehr oberflächlich ist. In dem Moment der Hilfe sind die Leute dankbar, aber sie wird trotzdem nicht sehr hoch honoriert. Vor allem hier, im Münchner Umland, da reicht das Gehalt oft nicht aus, um ein sorgenfreies Leben zu führen.

Praxiskiste: Und was müsste sich deiner Meinung nach ändern, damit die Berufe im sozialen Bereich mehr Anerkennung bekommen? Hast du diesbezüglich eine Idee?

Isabel Laudahn: Tatsächlich würde ich für die Wirtschaft Gehaltsgrenzen ziehen, damit es nicht möglich ist, mehr als einen bestimmten Betrag in einem normalen Job zu verdienen. Und dann müsste man einfach ein bisschen umverteilen.

Praxiskiste: Zum Abschluss: Was würdest du jemandem raten, der oder die überlegt, in den sozialen Bereich zu gehen?

Isabel Laudahn: Macht es auf jeden Fall! Und der Lohn ist ja nicht nur das Geld. Du kriegst den Lohn dann auch durch die anderen, die Menschen, die dein Engagement würdigen und mit dir in Kontakt stehen. Das ist wirklich sinnbringend. Und arbeitslos wird man wahrscheinlich auch nie.